In einem aktuellen Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13. September 2023 (I B 11/22), veröffentlicht am 19. Oktober 2023, wurden verfassungs- und unionsrechtliche Zweifel an der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG diskutiert. Hier sind die wichtigsten Informationen:
Zusammenfassung:
Nach einer summarischen Prüfung bestehen Zweifel, insbesondere hinsichtlich der Niedrigsteuerschwelle gemäß § 8 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 AStG (25 %). Diese Schwelle liegt höher als die niedrigste nationale Gesamtsteuerbelastung für unbeschränkt Steuerpflichtige gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG (22,825 % unter Einbeziehung der Gewerbesteuer).
Hintergrund:
Die Antragsteller waren Gesellschafter der in Hongkong ansässigen I Ltd. und hielten jeweils 1/3 des Vermögens. Die I Ltd. betreibt Agentur- und Handelsgeschäfte. Für das Jahr 2016 wurden keine deutschen Steuer- oder Feststellungserklärungen eingereicht. Das Finanzamt erließ am 9. Februar 2021 einen Feststellungsbescheid für 2016, der Hinzurechnungsbeträge nach § 10 Abs. 1 AStG feststellte und den Antragstellern zuwies.
BFH-Entscheidung:
Die Antragsteller legten Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Diese wurde vom Finanzamt abgelehnt. Der BFH stellte fest, dass ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids im Jahr 2016 bestehen und verwies auf einen vorherigen BFH-Beschluss.
Schlussfolgerung:
Trotz der Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bleibt die Beschwerde der Antragsteller erfolglos. Die verfassungsrechtlichen Zweifel könnten sich zwar aufgrund einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung auflösen, die die Niedrigsteuergrenze senkt. Allerdings können die Antragsteller aufgrund der "Nullbesteuerung" der Einkünfte der Zwischengesellschaft in Hongkong nicht davon profitieren. Es erscheint unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber eine die Antragsteller begünstigende neue Rechtslage schaffen könnte.
🇪🇺 Unionsrechtliche Zweifel:
Ähnlich verhält es sich mit den unionsrechtlichen Zweifeln. Selbst wenn der Europäische Gerichtshof (EuGH) einen Unionsrechtsverstoß feststellen würde, führt dies nicht zur vollständigen Unanwendbarkeit oder Nichtigkeit der nationalen Vorschriften.
Dieser Beschluss wirft wichtige Fragen im Bereich des Außensteuerrechts auf und wird sicherlich weiterhin Diskussionen in der Fachwelt auslösen.